Selbsterkenntnis
Wisse: Der Schlüssel zur Erkenntnis Gottes ist die Selbsterkenntnis. Darum ist gesagt worden:"Wer sich selbst erkannt hat, der hat seinen Herrn erkannt", und darum heißt es im Worte Gottes:"Wir werden sie unsere Zeichen sehen lassen an den Enden der Erde und in ihnen selbst, auf das offenbar werde, daß es die Wahrheit ist".
Es gibt nichts, was dir näher wäre, als du selbst. Wenn du dich aber selbst nicht kennst, wie willst du dann andere kennen? Sagst du:"Ich kenne mich doch!" so irrst du dich, denn solche Erkenntnis taugt nicht zum Schlüssel für die Erkenntnis Gottes. Auch die Tiere kennen so viel von sich selbst wie du von dir. Dies äußere Haupt und dies Gesicht, diese Hand und diesen Fuß, dies Fleisch und diese Haut, die kennst du,sonst nichts; von deinem Inneren aber weißt du gerade so viel, daß du issest, wenn du hungrig bist, die Menschen angreifst, wenn du zornig wirst, und nach Begattung strebst, wenn die Begierde über dich kommt. Darin aber sind dir alle Tiere gleich.
Darum sollst du nach Erkenntnis deines wahren Wesens streben, was du bist, woher du gekommen bist, wohin du gehst, und zu welchem Zwecke du für diese paar Tage in diese Karawanserei gekommen bist, wozu du erschaffen bist, worin dein Glück besteht und wodurch du glücklich wirst, worin dein Elend besteht und wodurch du elend wirst."
(Aus: "Das Elixier der Glückseligkeit" von Al Ghasali, München)
Über Gotteserkenntnis
Imam Ghazali, Kimya-i seadet S.785-786 (Türkische Übersetzung)
Die Tiere, die Pflanzen auf der Erde und Himmel zusammen geben Zeugnis über die Schönheit des Schöpfers.
Die Sonne ist am Hellsten, man sieht alles durch ihr. Aber ginge die Sonne abends nicht unter oder aus einem anderen Grund käme die Verschleierung nicht, hätte niemand auf der Erde sagen können es gebe Licht. Hätte jemand keine andere Farbe als weiss und grün gesehen, hätte er behauptet es gebe keine andere Farbe als diese. Da diejenigen, die wissen, dass das Licht und die Farben durch ihn (Sonne) herrührt und er selbst verschieden von diesen ist, verstehen die Gegensätze derer. Dem vergleichbar trete der Weltschöpfer zurück oder existiere nicht mehr, würden Erde und Himmel aufeinander fallen, zu nichts werden und dann würde ein jeder notwendig Ihn (Schöpfer) wissen.
Da aber alles dem Anschein nach gleich bleibend ist und dieser Zustand fortwährt liegt eine grosse Glanzheit, Verblendung, vor. Somit rührt die Verdeckung aus dem Glanz und dem Offenbarsein.
Ein weiterer Aspekt ist die, dass der Mensch in seiner Kindheit noch bevor sein Verstand sich ausreift sich gewöhnt hat an all die Dinge, die Zeugnisse ablegen für die Existenz Allahs, dem Erhabenem. So dass, wenn sein Verstand ausreift, dann sieht er all diese Dinge als natürlich, sieht deren Zeugenschaft nicht. Nur wenn er (z.B.) ein aussergewöhnliches Tier sieht sagt er unbewusst „Preis sei Allah“ und dessen Zeugnis wirkt auf sein Herz.
Das bedeutet, wessen Auge nicht schwach ist, sieht in allem Sichtbarem nicht irdisches und himmlisches Art, sondern sieht in der Art wie der erhabene Allah erschaffen hat. Dies ist so, wie den Schreiber in dem Buch zu sehen. So ähnlich sieht er in allem was er sieht Allah dem Erhabenen. Denn alles hat Er erschaffen Er zustande gebracht. Die ganze Welt ist wie Sein Buch und Kunstwerk. Willst du etwas sehen, was nicht von Ihm ist und etwas was nicht mit Ihm ist, kannst du nicht finden. Alles gibt in der „Sprache des Zustandes“ genannten Sprache in klarer Weise Zeugnis über Sein Vollkommenheit, Allmacht, Allschönheit und Allerhabenheit. Es gibt nichts was offenbarer wäre. Aber die Unfähigkeit des Verstehens der Menschen rührt aus ihrer eigenen Schwäche her.